Inhaltsverzeichnis:
- Britische Bomben zerstören Marien- und Georgenkirche
- Dornier-Werke als militärisches Ziel
- Propaganda und fehlender Luftschutz
- Der Verlust des Gotischen Viertels
Britische Bomben zerstören Marien- und Georgenkirche
Der Angriff am Abend des 14. April 1945 war einer der letzten auf eine deutsche Stadt. Rund drei Wochen vor Kriegsende wurden große Teile der historischen Altstadt vernichtet. Die Einwohnerin Karla Schlottmann berichtete in einem Brief an ihren Verlobten Ernst von dramatischen Szenen. Eine Luftmine traf die Marienkirche, zahlreiche Brandbomben zerstörten angrenzende Gebäude.
Besonders schwer beschädigt wurde die Georgenkirche. Die kunstvolle Orgel verschwand unter Trümmern. Wohnhäuser verloren Dächer, Fenster und Türen. Menschen irrten obdachlos durch die Straßen. Der Angriff löste große Angst aus. Viele Einwohner befürchteten, eine solche Nacht nicht noch einmal zu überleben.
Dornier-Werke als militärisches Ziel
Bereits 1940 wurde Wismar erstmals bombardiert. Der Luftangriff vom 24. Juni war der erste auf eine Stadt in Mecklenburg. Dabei warfen britische Flugzeuge rund 70 Bomben ab. Vier Menschen starben, acht wurden verletzt. Ziel war die Norddeutsche Dornier-Werke, wo Kampfflugzeuge gebaut wurden.
Zwischen 1940 und 1945 erlebte Wismar insgesamt zehn Luftangriffe. Besonders verheerend war der Angriff am 24. September 1942. In nur einer Stunde fielen:
- 91 Sprengbomben
- 1.500 Phosphor-Brandbomben
- 500 Stabbrandbomben
67 Menschen verloren in dieser Nacht ihr Leben. Viele Einwohner suchten Schutz in Bunkern und Kellern. Zeitzeugin Ursula Keller beschrieb die Enge und den Staub in den Schutzräumen als bedrückend.
Propaganda und fehlender Luftschutz
Die nationalsozialistische Propaganda sprach von „Terrorangriffen“. Dabei verschwieg sie eigene Angriffe der deutschen Luftwaffe auf Städte wie Warschau, London oder Rotterdam. Der Angriff auf Wismar im April 1945 hatte fragwürdigen militärischen Nutzen. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt kein strategisches Ziel mehr. Viele Flüchtlinge hielten sich dort auf.
Die Stadt war kaum geschützt. Flakhelfer Heinz Blohm berichtete, dass schwere Geschütze oft an andere Orte verlegt wurden. Zur Tarnung ließ man sogenannte Leberwurst-Ballons steigen. Diese hielten die britischen Bomber jedoch nicht auf, da sie zu niedrig schwebten. Die Infrastruktur konnte dem Angriff wenig entgegensetzen.
Der Verlust des Gotischen Viertels
Die Schäden wurden akribisch dokumentiert. Im Auftrag der NSDAP und der Stadtverwaltung fotografierten Arbeiter nach jedem Angriff die Verwüstungen. Der östliche Flügel des Rathauses wurde zunächst nur notdürftig repariert und erst in den 1970er-Jahren vollständig wiederhergestellt.
Auch der Turm der Marienkirche überstand die Angriffe. Als Seezeichen blieb er erhalten. Das Kirchenschiff wurde 1960 trotz Protesten gesprengt. Der Grundriss ist heute noch durch Aufmauerungen erkennbar. Historiker Nils Jörn bezeichnet das verlorene Zentrum als „verlorene Mitte“.
Die Innenstadt Wismars wurde unwiederbringlich verändert. Der Luftangriff vom 14. April bleibt ein Mahnmal für die Zerstörungskraft des Krieges. Die Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag erinnerte daran, wie tief die Wunden bis heute reichen.
Quelle: NDR, www.globewings.net/de